Liebe Leser,
als Vorsitzende des Collegium Cardiologicum e. V. kommen wir der Bitte der Betreiberinnen dieser Webseite, eine Stellungnahme zu verfassen, gerne nach. Wir sind selber Labradorhalter und haben wie Sie alle das gemeinsame Ziel, die Gesundheit unserer Hunde zu fördern.
Die Trikuspidaldysplasie ist nach unserer Wahrnehmung eine Erkrankung des Herzens beim Rassehund über die in Chats, Blogs und Mailrunden so kontrovers und intensiv diskutiert wird, wie bei kaum einer anderen Erkrankung. Die Informationen auf dieser Webseite sind sehr gut recherchiert und umfangreich zusammengetragen. Frau Prasser [Anmerkung der Redaktion: seit Hochzeit Frau Lemcke] und Frau Baumann lassen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in diese Informationsseite einfließen und bereiten diese gut verständlich auf. Wir wissen, dass die Autoren regelmäßig verschiedene Kollegen des CC e.V. zu Rate gezogen haben. Es werden natürlich auch Konsequenzen für die Zukunft aus persönlicher Sicht formuliert, die generell sinnvoll erscheinen, aber noch nicht evaluiert wurden. Deshalb freuen wir uns über die Möglichkeit an dieser Stelle erklären zu dürfen.
Als Vertreter einer Gesellschaft, die sich mit den erblichen Herzerkrankungen beim Hund befasst, möchten wir bei dieser Gelegenheit gerne einige Ratschläge geben.
Bevor Selektionsmechanismen von betroffenen Zuchttieren zur Bekämpfung der TD formuliert werden, muss erstmal ermittelt werden, wie viele Labradore davon betroffen sind. Es gibt nach unserem Wissen nur unvollständige Datensammlungen aus verschiedenen Ländern, die wiederum nicht miteinander vernetzt sind. Auch das CC besitzt nichtrepräsentative Daten in seiner DATABASE.
Um das Ziel zu erreichen, ist nach unserer Erfahrung eine Zusammenarbeit von Haltern, Züchtern und dem für die jeweilige Rasse verantwortlichen Verein unverzichtbar und der Schlüssel zum Erfolg.
Die Grundlage einer erfolgreichen Aufarbeitung der Frage „Wie hoch ist der Anteil der betroffenen Hunde innerhalb der Population?“ kann nur das Drei-Phasenmodell sein. Der VDH e.V. hat als Dachverband zur Lösung solcher Fragen rund um die Gesundheit unserer Hunde dieses Phasenprogramm unter Mitwirkung des Collegium Cardiologicum e.V. entwickelt.
In der ersten Phase werden durch Reihenuntersuchungen der Hunde belastbare Zahlen generiert. Da die Wahrnehmungen zur Häufigkeit der TD beim Labrador in Deutschland unter den Diskutanten sehr unterschiedlich sind und niemand repräsentative Zahlen besitzt, ist diese erste Phase der Datensammlung sehr wichtig.
Danach wird in der Auswertungsphase die wahre Häufigkeit der Erkrankung in der Untersuchungspopulation ermittelt. Die prozentualen Häufigkeiten der TD und die ermittelten Schweregrade sind dann Grundlage für die Selektionsphase. Unbenommen davon werden natürlich Hunde, die in dieser Phase bereits klinisch erkrankt sind, gemäß dem TschGes sofort aus der Zucht genommen.
[Da es an dieser Stelle bereits zu Missverständnissen unter unserer Leserschaft gekommen ist, möchten wir eine kleine Anmerkung der Redaktion einschieben: Auch wir sehen das Drei-Phasenmodell des VDH als geeignetes und nötiges Instrument zur Aufklärung potenzieller Rassedispositionen. Hinsichtlich der Trikuspidaldysplasie beim Labrador Retriever wird dieses Phasenprogramm vom VDH bisher allerdings noch nicht angewendet.]
In den letzten 20 Jahren haben wir eine ganze Reihe Hunderassen des VDH e.V. zu Fragen ähnlich der TD beraten. Zuletzt haben wir 2014 das Projekt DCM bei der Dt. Dogge in Zusammenarbeit mit dem DDC e.V. erfolgreich in die erste Phase geführt und damit für alle Beteiligten (vom Liebhaber bis zum Zuchtwart) ein zufriedenstellendes Vorgehen initiiert.
Oftmals ist das Ergebnis eines Rasse-Screenings frappierend:
Das Einzelschicksal von Labradoren, die eine schwere TD haben und darunter leiden, ist natürlich sehr traurig. Fakt ist aus unserer Untersuchersicht auch, dass die große Mehrzahl der Labradore phänotypisch (Herzultraschall) nicht davon betroffen ist. Ob die TD häufiger ist als die natürliche Quote des Auftretens von Herzerkrankungen in einer Population können wir derzeit aus oben genannten Gründen zwar nicht bestätigen, aber es gibt eine bewiesene Rassedisposition und Erblichkeit, ohne den Locus zu kennen. Grund genug weiter aufzuklären. Eine Zusammenarbeit mit den rasseverantwortlichen Zuchtvereinen ist sicherlich die beste Lösung. Um das zu realisieren, sind natürlich Kompromisse von allen Seiten notwendig.
Dr. Jan-Gerd Kresken & Dr. Ralph Wendt vom CC e.V.