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Informationen über den möglichen Erbgang der Trikuspidaldysplasie:

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Häufigkeit von Herzerkrankungen bei Rassehunden im Vergleich zu Mischlingen um einen Faktor von 3,4 steigt, da sich vor allem bei der selektiven Zucht auf bestimmte Merkmale Fehler im Erbgut manifestieren. Deshalb sollte man sich die Linie des Wunschhundes genau ansehen und zumindest vorsichtig werden, wenn einige Vorfahren bereits im mittleren Alter verstorben sind.

 

Zum heutigen Zeitpunkt sind noch keine Vererber oder bestimmte Linien als Ursprung dieser Erkrankung offiziell bekannt. Allerdings wird die Trikuspidalklappendysplasie in der CIDD (CIDD: TVDals "...the most common birth defect of heart in Labrador Retrievers..." (zu deutsch: der am häufigsten vorkommende angeborene Herzfehler beim Labrador Retriever) bezeichnet. Tatsache ist, dass die Trikuspidalklappendysplasie unter Tierkardiologen eine bekannte Herzkrankheit (vor allem auch beim Labrador Retriever) darstellt und dass diesbezüglich eine genetische Ursache   wenn auch mit sehr komplexem Erbgang – vermutet wird:

 

Für die Trikuspidaldysplasie besteht „beim Labrador Retriever [...] eine eindeutige Rassedisposition mit familiärer Häufung“ und „es wird eine genetische Ursache der TD am Chromosom 9 vermutet“.

 

Dies wird in diversen Quellen (nachzulesen hier) und ganz aktuell auch im Fachbuch „Praxis der Kardiologie Hund und Katze“, Auflage 2017, von Dr. Jan-Gerd Kresken (Quelle der obigen Zitate) beschrieben.

 

Um zu beurteilen, ob eine bestimmte Problematik tatsächlich auch in Hinblick auf die betreffende Gesamtpopulation ein signifikantes Problem darstellt oder nicht, bedarf es nicht nur einiger Zufallsbefunde sondern einer gezielten Reihenuntersuchung mit einer repräsentativen Stichprobengröße. Eine Grundlage hierfür bietet das vom VDH e.V. in Zusammenarbeit mit dem Collegium Cardiologicum e.V. entwickelte Drei-Phasenmodell. Allerdings bedarf es für die Durchführung dieses Programms einer Kooperation seitens der Hundebesitzer, der Züchter und in erster Linie aber auch der entsprechenden Vereine.

 

Die Tatsache, dass eine Problematik vorliegt (oder eben auch nicht), kann durch Verdrängung nicht verändert werden. Im Gegenteil: Wenn ein Problem vorliegt, trägt man mit kontinuierlicher Verdrängung nur dazu bei, dass es sich im Laufe der Zeit immer tiefer manifestiert und erst recht zu einem – dann möglicherweise gar nicht mehr eindämmbaren – Problem entwickelt. Darüber hinaus wird das Verdrängen einer potentiellen Problematik umso gefährlicher, wenn (wie bei der Trikuspidaldysplasie) hinsichtlich der vermeintlich zugrundeliegenden Genetik eine autosomal-dominante Erbkrankheit mit unvollständiger Penetranz vermutet wird [Andelfinger et al. (2003)].

 

Weil es wirklich wichtig ist, zu verstehen, was ein solcher Erbgang bedeutet, möchte ich diesen nun noch einmal, zum besseren Verständnis ganz genau, erklären:

 

Bei einer Verpaarung zweier Hunde erhält jeder Welpe je ein Chromosom aller seiner Chromosomen-Paare von der Mutter und das jeweils andere Chromosom aller seiner Chromosomen-Paare vom Vater. Die Chromosomen sind die Träger der Gene, daher erhält jeder Welpe entsprechend 50% seiner Gene über die Chromosomen des Vaters und 50% seiner Gene über die Chromosomen der Mutter.

 

Ein autosomal-dominanter Erbgang ist nun dadurch gekennzeichnet, dass ein bestimmtes Merkmal sich bereits dann beim Nachkommen ausbildet, wenn das für dieses Merkmal zuständige Gen auf mindestens einem der beiden Chromosomen des für dieses Merkmal relevanten Chromosomenpaares vorkommt. Das heißt, wenn der Nachkomme mindestens von einem seiner Elterntiere (oder aber auch von beiden) ein Gen mit diesem Merkmal erhalten hat.

Gleiches gilt auch für defekte Gene: Eine autosomal-dominante Erbkrankheit tritt bereits dann beim Nachkommen auf, wenn das für die Erkrankung relevante Chromosomen-Paar mindestens ein Chromosom mit dem defekten Gen enthält.

 

Ich möchte Ihnen die möglichen Vererbungsmuster zum besseren Verständnis gern bildlich veranschaulichen. Der Einfachheit halber kennzeichne ich die Gene dazu wie folgt:

 

g – gesundes Gen    

K – krankes Gen (groß geschrieben, weil es sich ja um das dominante Gen handelt)

 

Ein Chromosomenpaar kann somit aus folgenden Genkombinationen bestehen:

 

gg  oder  gK  oder  KK

 

Somit ergeben sich die folgenden 6 potentiellen Kombinationsmöglichkeiten bei der Verpaarung zweier Hunde.  

Kombinationsmöglichkeit 1:

Tragen beide Elterntiere zwei gesunde Chromosomen, ergibt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 100% der Nachkommen sind gesund (gg)

Kombinationsmöglichkeit 2:

Trägt eines der beiden Elterntiere ein Chromosom mit defektem Gen und das andere Elterntier nicht, so zeigt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 50% der Nachkommen sind betroffen mit einem defekten Chromosom (gK)
  • 50% der Nachkommen sind gesund (gg)

Kombinationsmöglichkeit 3:

Trägt eines der beiden Elterntiere zwei Chromosomen mit defektem Gen und das andere Elterntier nicht, ergibt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 100% der Nachkommen sind betroffen mit einem defekten Chromosom (gK)

Kombinationsmöglichkeit 4:

Trägt jedes der beiden Elterntiere ein Chromosom mit defektem Gen, ergibt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 25% der Nachkommen sind betroffen mit zwei defekten Chromosomen (KK)
  • 50% der Nachkommen sind betroffen mit einem defekten Chromosom (gK)
  • 25% der Nachkommen sind gesund (gg)

Kombinationsmöglichkeit 5:

Trägt eines der beiden Elterntiere zwei Chromosomen mit dem defekten Gen und das andere Elterntier ein Chromosom mit defektem Gen, ergibt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 50% der Nachkommen sind betroffen mit zwei defekten Chromosomen (KK)
  • 50% der Nachkommen sind betroffen mit einem defekten Chromosom (gK)

Kombinationsmöglichkeit 6:

Tragen beide Elterntiere zwei Chromosomen mit defektem Gen, ergibt sich statistisch gesehen folgende Verteilung unter den Nachkommen:

  • 100% der Nachkommen sind betroffen mit zwei defekten Chromosomen (KK)

Vermutlich gehen Sie jetzt davon aus, dass die Kombinationen 2 bis 6 sowieso nicht vorkommen werden, da mit betroffenen Hunden nicht gezüchtet wird.

 

Grundsätzlich sollte davon auszugehen sein. Allerdings ist hinsichtlich der Trikuspidaldysplasie ja neben dem autosomal-dominanten Erbgang auch noch von einer unvollständigen Penetranz die Rede, was die ganze Angelegenheit leider um einiges unberechenbarer macht.

 

Eine solche unvollständige Penetranz bedeutet nämlich, dass selbst bei einem Hund, bei dem das für die Erkrankung relevante Chromosomen-Paar ein oder zwei defekte Gene trägt – der also vom genetischen Code her Betroffener istdie Krankheit sich in seinem körperlichen Erscheinungsbild dennoch nicht zwangsläufig auch ausbilden muss – er vom körperlichen Erscheinungsbild her also dennoch gesund und somit im Ultraschall unauffällig sein kann. Das ist der Grund, warum die Kombinationen 2 bis 6 leider doch vorkommen können, unabsichtlich und ohne unser Wissen.

 

 

Was bedeutet das jetzt ganz genau?

  • Ein Hund, der via Herzuntersuchung nachweislich an einer TD erkrankt ist, trägt definitiv mindestens ein Chromosom mit defektem Gen in dem für die TD relevanten Chromosomen-Paar – er ist sowohl vom genetischen Code als auch vom körperlichen Erscheinungsbild her Betroffener.
  • Ein Hund, der via Herzuntersuchung unauffällig geschallt ist – also im körperlichen Erscheinungsbild keine Trikuspidaldysplasie aufweist – könnte aufgrund der unvollständigen Penetranz des Erbganges vom genetischen Code her allerdings leider dennoch Betroffener (mit einem oder zwei Chromosomen mit defektem Gen) sein und die Erkrankung, für uns unwissentlich, weiter vererben.

 

 

Unter Voraussetzung der Annahme dieses für die Trikuspidaldysplasie aktuell beschriebenen autosomal-dominanten Erbganges mit unvollständiger Penetranz ergeben sich – solange kein Gentest existiert – zusammengefasst somit folgende Gefahrenquellen in der Labrador-Zucht:

 

  • mindestens(!) ein Elterntier eines via US nachweislich an TD betroffenen Hundes ist mindestens vom genetischen Code her selbst betroffen, ohne dass man dies mithilfe einer kardiologischen Untersuchung zwangsläufig auch sichtbar machen kann
  • statistisch gesehen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich unter den Wurfgeschwistern eines via US nachweislich an TD betroffenen Hundes weitere betroffene Geschwister befinden (im körperlichen Erscheinungsbild oder zumindest genetisch)
  • auch ein unauffällig geschallter Hund kann vom genetischen Code her dennoch Betroffener (mit einem oder zwei Chromosomen mit defektem Gen) sein und die Erkrankung somit weiter vererben

 

 

Nach diesen Ausführungen – und wenn man des weiteren bedenkt, dass die Trikuspidaldysplasie nicht die einzige für den Labrador Retriever relevante Herzerkrankung darstellt – sollte nun eigentlich klar sein, warum wir es für absolut notwendig halten,

 

  • den Herzultraschall als Zuchtauflage einzuführen

sowie

  • Befunde und Blutproben möglichst aller (auffällig wie unauffällig geschallter) Zuchthunde für das Forschungsprojekt einzuschicken,

und

  • eine umfassende Aufklärung ähnlich der Aufklärung über HD und ED zu führen, um eine möglichst hohe Herzschall-Quote bei den Nachzuchten inkl. Teilnahme am Forschungsprojekt zu bewirken.

 

Denn nur so können wir früher oder später das tatsächliche Ausmaß der Erkrankung beschreiben und – sollte sich der Erbgang bestätigen – im besten Fall züchterisch eingreifen bevor es potentiell zu spät ist.

 

 

Auch wenn wir in den letzten Jahren bekanntlich so einige Differenzen hatten, sind wir weiterhin jederzeit bereit, bezüglich der Herzgesundheit beim Labrador Retriever mit den verantwortlichen Vereinen zusammen zu arbeiten.


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